Der diluviale Mensch von Kràpina
Schlemmen, Jagen, Fischen, Raften, Biken, Hiken: Nur 55 Kilometer nordöstlich von Zagreb und somit auch als Tagesprogrammpunkt einflechtbar findet sich m idyllischen ,Märchenland mit sieben Bergen, sieben Flüssen, sieben Tälern, sieben Städten‘ neben einem reichen Kulturerbe an architektonischen Schätzen, Schlössern und Burgen (Veliki Tabor!) unerwartet auch ein Museum für einen der signifikantesten paläonthologischen Funde.
Auf einer deutschen Neandertaler-Website ist zu lesen: “Lange Zeit glaubte man, dass die Neandertaler stumpfe Eiszeit-Muskelprotze waren, die keulenschwingend und gebückt wie Affen durch das Neandertal liefen. Dieses Vorurteil ist zum Glück seit langem überholt. Längst hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Neandertaler dem heutigen Menschen sehr ähnlich sahen.”
Freut uns das? Jedenfalls sind die 1856 von Joachim Neander entdeckten Knochen lediglich 30.000 bis 40.000 Jahre alt.
Nahe Kràpina bei Hrvatsko Zagorje hingegen entdeckte der Archäologe und Paläontologe Dragutin Grojanović- Kramberger 1899 in einer Halbhöhle im Hügel Hušnjakovo ca. 900 Fossilien von etwa 80 frühen Neandertalern, die schon vor 130.000 Jahren gelebt haben sollen. Und hob damit den weltweit größten Fund. Aufgrund der hohen Anzahl einiger der Länge nach aufgespaltener Knochen schöpfte er den Verdacht, es handele sich um einen Begräbnisplatz, an dem ritueller Kannibalismus praktiziert worden war. Diese Theorie wurde zwischenzeitlich widerlegt.
Tonnenförmige Brust – breiter Schädel
Die Wissenschaft hat festgestellt: “Mit ihrem vorstehenden mittleren Gesichtsteil, der Lücke hinter den letzten Molaren im Unterkiefer und der Knochenverdickung am Hinterkopf gleichen die Funde jüngeren europäischen Neandertalern. Die Menschen von Kràpina hatten offenbar eine tonnenformige Brust, muskulöse Unterarme und kräftige Hände. Im Vergleich zu den klassischen Neandertalern waren sie eher zierlich gebaut, hatten aber ein großes Gesicht, weit auseinanderliegende Augen und einen breiten Schädel. Bei einigen war die Stirn höher und ihre Extremitätenknochen ähnelten stark denen der Jetztmenschen.” Dies soll als Indiz dafür gelten, dass sich die Neandertaler von Kràpina in gerader Linie zu der heutigen Bevölkerung Mitteleuropas weiterentwickelt haben. Daher die Ähnlichkeit mit uns!
Ein Museum voller Ebenbilder
Lange Jahre wurde daran gebaut: Seit 2010 lässt sich im Neandertaler-Museum in Kràpina die Evolution quasi vom Urknall bis zum heutigen Tage in einer außerordentlich interessant gestalteten Ausstellung – auch proaktiv – nachvollziehen; ein nett aufbereiteter Film in der großen Eingangshalle stimmt vorab darauf ein. Schon eine ungewöhnliche Location – dieses Museum!
Header image: ©Neanderthal Museum, Krapina/Croatia.