Man gönnt sich ein Essen in einem sündhaft teuren Restaurant, mit Sternen oder Hauben, und glaubt, es sei der gefeierte Koch persönlich, der da den Kochlöffel schwingt. Häufig eine Illusion, denn der Küchenstar ist auf Tournee – gastiert als Kochwunder in angesagten Gourmet-Restaurants, in der unvermeidlichen Fernsehsendung oder macht kurz die Brigade einer wildfremden Küche flott, die dann Gerichte unter seinem Namen serviert.
Johanna Maier – die Glücklichmacherin
Johanna Maier ist eigentlich immer da! In Filzmoos in ihrem ‘Hubertus’ kocht sie mit Leib und Seele für Leib und Seele. Mit viel, viel Herz – und in aller Bescheidenheit. Wo ‘Johanna Maier’ drauf steht, ist also auch ‘Johanna Maier’ drin… Bei ihr sind gleich drei Gault Millau-Hauben obendrauf. Ach, ja, und zwei Michelin-Sterne hat sie auch noch… neben anderen Auszeichnungen. Ein französischer Gourmet-Kritiker hat ihr einmal ein besonders schönes Kompliment, wie sie findet. Auf die Frage, wo er ihre Kochrichtung denn einordnen würde, hat er nur gesagt: Das ist die Küche der Johanna Maier!
Normalerweise hören Köche in dieser Kategorie auf, selbst zu kochen. Aber mich fasziniert das Kochen, ich finde es wunderschön und es ist ein großes Glück für mich.
Für Johanna Maier bedeutet Kochen eins sein mit der Natur. Mag kitschig klingen, sagt sie, ist aber so! Ihre Söhne Dietmar und Johannes begleiten sie seit einigen Jahren auf ihrem Weg, haben bei ihr gelernt, sind ins Ausland gezogen und bereichert wieder zurück gekehrt. Zu Dritt gehen sie neue Wege, auch mit der Kochschule.
Das wäre interessant für eine Gruppe bis ca. 25 Personen. Man könnte in der Kochschule erst ein Seminar abhalten und dann entweder exklusiv als Restaurant nutzen oder eben einen Kochkurs einbauen. Bei uns ist es sehr ländlich und idyllisch; die Küche ist zwar gut ausgestattet, aber nicht hoch technisch. So passt alles gut zusammen.
Ich mach’ den Kochkurs selber, meine Buben kommen dann herüber und helfen mit. Auch das ist lustig, dass nicht nur ich da bin. Es ist unterhaltsamer, man kann nicht immer nur die gleiche Person sprechen hören!
Morgen kommt Frau Fischer, die Gattin des österreichischen Bundespräsidenten mit einer befreundeten Gräfin, sie kochen zusammen mit der Gruppe, die sich angemeldet hat. Nächste Woche wird sogar der Finanzminister anreisen. Und Mercedes. Prominenz ist aber eher die Ausnahme. Eine Gruppe älterer Herren aus München leistet sich einmal im Jahr ein Essen – und zur Krönung eine Anreise per Helikopter. Meistens sind es einfach Leute, die einen Kochkurs machen wollen. Der eine ist Manager, die andere eine 70-jährige Dame, die von der Familie einen Gutschein geschenkt bekommen hat.
Das liegt mir (strahlt)! Wir fangen so zwischen neun und halb zehn Uhr an, die meisten kennen sich noch nicht. Und um vier, halb fünf sitzen sie dann einträchtig zusammen… Kochen verbindet! Und kochen und gemeinsam essen verbindet noch viel mehr. Ich bin so ein Koch mit viel Liebe zum Kochen, zum Genuss, der die Freude daran an andere Menschen weitergeben möchte. Ich würde nie Dinge in erster Linie für den Profit tun! Das kann ich nicht! Es ist sehr viel Herz bei mir dabei, aber natürlich auch der Verstand.
Sich Kritik ausliefern – und Lob abholen
Einen Vier-Hauben-Standard aufrecht zu erhalten, ist schon eine Herausforderung. Und so ein Gourmet-Kritiker ist schließlich auch nur ein Mensch. Wenn der mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, vielleicht Krach mit seiner Frau hatte und auf dem Weg nach Filzmoos bei strömendem Regen schlecht gelaunt hinter einem Traktor herzuckeln musste, kann auch die Bewertung entsprechend ausfallen.
Da kann man machen, was man will! Wir wissen überhaupt nicht, wer uns testet! Nachdem der Führer herausgekommen ist, sehen wir an den Gerichten, wann sie da waren. Aha, im Jänner und im Mai und vielleicht noch einmal im Juli. Man weiß auch nicht, ob es nur jeweils einer ist.
Ich stehe jeden Tag in der Küche, ich liebe Kochen und ich koche mit meinem ganzen Herzen. Besser kann ich es nicht – und aus! Man kann nicht jeden Tag gleich gut abschmecken! Das gibt es nicht! Ich sage Ihnen, es gibt Tage, da kann ich überhaupt nicht abschmecken! Ich bring’s nicht hin. Und dann wieder: Ach, es is’ so guat, so guat…
Schon darum ist Kochen eine Körpersache! Es ist wichtig, dass es Dir wirklich gut geht. Zwischendurch serviere ich. Dann freue ich mich, wenn die Leute sagen: Es hat himmlisch geschmeckt! Ich liebe ja Gewürze! Es gibt nichts Schöneres. Das glauben Sie nicht, was diese Gewürze und Kräuter im Körper bewirken. Ich vermittle das auch immer in meinen Kochkursen: erotisch-aphrodisierend, wärmend und kühlend…
Heumilch mit Marillen
Wir haben in den letzten Jahren eine Gewürz-Serie für SPAR kreiert und das neue Heumilch-Marillen-Eis. Dieses Eis ist ohne jegliche E-Nummer (alle Eissorten sind voll davon!), mit keinem einzigen Konservierungsmittel. Basis ist Heumilch, sonst nichts! Wir verwenden Wachauer Marillen und ein bisschen Glukose (Fruchtzucker) und das Eis wird nur mit natürlichen Aromen abgeschmeckt. Es ist das erste Eis mit AMA-Gütesiegel. Es schmeckt echt, ehrlich, pur und dadurch auch anders! Wir sind alle diese Geschmacksverstärker so gewohnt, dass unsere Zunge das Gute gar nicht mehr kennt.
Persönlich und familiär – aber nicht ganz billig
Wenn Sie bei uns essen sehen Sie, dass unser Stil ein sehr privater, familiärer ist. Wir sind nicht elitär! Meine Söhne haben ja bei mir gelernt, aber sie entwickeln natürlich weiter. Wir haben auch nicht viele Kellner. Mein Mann ist mit im Restaurant und wenn unsere Carina das Dessert schön erklärt – passt das viel besser zu uns.
Trotzdem: Für das Best-of-Menü mit Weinbegleitung beispielsweise muss man mit knapp 200 Euro rechnen. Leute verschenken Gutscheine oder gönnen sich eine Johanna Maier zum Geburtstag oder zum Jubiläum. Erst schlucken sie, wenn sie hören, was es kostet; aber dann sind sie überzeugt, dass das Preis/Leistungsverhältnis stimmt – und kommen im nächsten Jahr wieder. Jahr für Jahr. Das macht bei uns 70% der Gäste aus!
Es sind viele Menschen aus der Mittelschicht, die zu uns kommen, die wirklich auf das sparen. Beim Abschied sind sie oft gerührt, das berührt mich immer sehr. Frau Maier, sagen sie, fünf Jahre habe ich mir das gewünscht, zu Ihnen zum Kochkurs zu kommen, jetzt hab ich ihn von meinem Mann zum 50. bekommen. Das sind unsere Gäste! Das ist das, was mich antreibt und motiviert – Menschen einfach glücklich zu sehen! Alle Kreationen sind eine Liebeserklärung an die Gäste.
Das Gespräch mit Johanna Maier fand (2011) in Filzmoos 45 Minuten von Salzburg statt . Sie ist zierlich und sehr schlank und trägt ihr Markenzeichen: ein weißes Kleid im Dirndlstil. Sie erzählt, wie schwer es war, all dies mit vier Kindern aufzubauen. Ganz in der Nähe in Radstadt geboren, geht sie nach der Lehre nach Frankreich; dort hat sie viel gelernt. Heute reist sie immer noch gerne, aber nicht mehr, um sich Anregungen aus anderen Küchen zu holen.
Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, muss man seinen eigenen Weg gehen, selbst kreativ und für die Jungen ein Vorbild sein.
Und die Filzmooser?
Die haben herausgefunden, dass die Johanna eigentlich nur gut für unseren Ort ist, weil wir so viel in den Medien sind. Und wenn sie etwas von der Johanna brauchen, sagt sie Ja. Anfängliche Eifersucht hat sich inzwischen gelegt, ist in Respekt umgeschlagen. Jetzt sind sie stolz und erzählen unterwegs gerne, dass sie aus Filzmoos kommen – wo die Johanna Maier ist!
Fotos: Johanna Maier, Christina Feyerke
Erstmals veröffentlicht in 2011. Aktualisiert 2013.