Geschafft: Im R4 quer durch Kroatien

15.08.2013

Die französische Kleinwagen-Legende Renault4 zeigt Biss

Dauern Prozesse zu lange, nehmen Ungeduldige die Dinge eben selbst in die Hand. Tatkräftig rückten ein Vertreter des Tourismusamtes, ein Rechtsanwalt, ein Ölmühlenbesitzer und lokale Anbieter ihre reizvolle Region Konavle im Umland von Dubrovnik in den Fokus.

Sie alle stecken auf unterschiedliche Weise tief im Tourismusgeschäft und sind im Verbund Agroturizam Konavle organisiert, der für ländliche Gegenden plus deren Produkte (so vorhanden) tatkräftig die Werbetrommel rührt. Diesmal auch überregional. Also haben sie im Eilverfahren noch schnell vor Anbruch der Saison einen werbewirksamen Marketing-Gag ausgetüftelt und ihre zündende Idee nach erstaunlich kurzer Vorbereitungsphase im Wortsinne auf die Straße gebracht.

Der lokale Einfluss des Einzelnen war dem Unterfangen – unterstützt durch eine beträchtliche Anzahl von Sponsoren und Mitwirkenden – durchaus zuträglich. In- und ausländische Medien wurden interessiert und implementiert, das Kroatische Fernsehen drehte mit und übertrug die Highlights live. Ganz im Zuge modernen Multitaskings sprudelte so manches Radio-Interview durch den Äther, nonchalant über das Mobiltelefon absolviert auf der kurvenreichen Fahrt entlang abenteuerlicher Küstenstraßen.

Das ehrgeizige Projekt – von den Initiatoren geografisch und meteorologisch eventuell leicht unterschätzt – hat die Belgierin Sabine, Chefin der DMC TerraNautika zusammen mit ihrem Team mit Expertise und mitteleuropäischer Vernunft in ein noch machbares Programm gegossen. Der Geistesblitz mit den Renault R4s war der ihre. Etwas Besonderes musste her, nichts Abgehobenes aber etwas, das Aufmerksamkeit erregen würde, erschwinglich war und später für reguläre Incentives tauglich wäre.

Der R4 wurde bis 1994 in Slowenien gebaut

Dalmatinertupfen für dalmatinische Franzosen.

Dalmatinertupfen für dalmatinische Franzosen.

So rattert er  – wenn auch in altersschwachem Zustand – noch häufig über Kroatiens Straßen. Außerdem gilt er Dank seiner asketischen Physik als eines der mit geringstem Aufwand zu restaurierenden Vehikel und war schon deshalb eine gute Option für das Projekt. Besonders die Bauern hier liebten den R4, weil seine Anschaffung nicht viel kostete, er verbrauchsarm war, kaum Wartung benötigte und auch gelegentliche Off-Road-Ritte in den zerfurchten Acker nicht übel nahm. Bald standen 19 geschundene Blechkisten auf dem Ölmühlenhof, wurden ausgebeult, instand gesetzt, kriegten ein schickes neues Faltdach, eine hübsche Lackierung in Bonbon-Farben und ein Branding mit dem Logo der Region Konavle.

Dreizehnhundert Kilometer in drei Tagen

Offiziell startete die Tour im Landstrich Baranja in Slawonien, dem entlegensten östlichen Winkel Kroatiens an der ungarischen Grenze. Schließlich galt es, nicht nur die eigene Region zu bewerben, sondern die agrotouristische Qualität Kroatiens als Ganzes zu propagieren, weshalb die kleinen Flitzer erst dorthin überführt werden mussten. Für die Chauffeure bedeutete das 560 zusätzliche Fahrkilometer auf die ohnehin gewaltige Gesamtdistanz! Kein Pappenstiel. Auf die dörflichen Einwohner jedenfalls wirkte die Ankunft des Konvois wie ein Donnerschlag aus heiterem Himmel und war willkommener Anlass für ein ausgelassenes Volksfest jenseits gewohnter Geruhsamkeit.

Von diesem noch vom Balkankrieg gezeichneten Flecken tuckerten die 19 Renault-Klassiker im Gänsemarsch quer durch die Nation bis ins Zentrum Istriens, über Schnellstraßen oder entlang der pittoresken Adria-Küste (ein Stück Bosnien inklusive) zurück nach Konavle. Durchaus eine optimistische Planung bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 70 – 80 km/h! Doch diese Flotte aus kunterbunten französischen Kult-Zwergen war – landauf, landab – für eine Sensation gut! Das Bisschen Chaos, das sie verursachte, nahm die Bevölkerung gelassen hin. Autos machten Platz, Passanten hielten inne, jubelten, pfiffen, winkten, fotografierten und strahlten beim Anblick des Konvois von Ohr zu Ohr.

R4s in Osijek_1

Feuerprobe bestanden

Freilich klapperte es entlang der Strecke hier und da, streikte manchmal die störrische Revolverschaltung, soff der Motor ab, war die Handbremse plötzlich erlahmt, der eine oder andere Reifen platt, fielen Türdichtungen ab, zog und spritzte es durch zahlreiche Ritzen, hatten die Liliput-Scheibenwischer bei prasselndem Regen und vorbei stiebenden LKW auf den winterlichen Autobahnen hektisch zu tun, ohne gewinnen zu können. Trotzdem erreichten alle Beteiligten ihr Ziel Dubrovnik/Konavle wohlbehalten, auch, weil die Kollision mit einem im Weg stehenden Verkehrsschild am Rande eines istrischen Bergsträßchens bei den betreffenden Insassen folgenlos geblieben war (beim Auto nicht).

Fliegende Mechaniker-Werkstatt und “MacGyver” im Notfall zur Stelle

Aber, wer waren die Fahrer? Menschen, die allesamt haupt- oder nebenberuflich touristisch tätig sind (das liegt den Kroaten im Blut) und agierender Teil dieser für sie zwar strapaziösen aber effektvollen Promotion-Tour sein wollten. Letzten Endes würden sie alle davon profitieren. Das war nicht nur praktizierter Gemeinschaftsgeist, sondern auch Garant für eine Menge Glücksgefühle. Sie alle zögen an einem Strang, versicherten sie. Welch schöner Gedanke! www.agroturizam-konavle.hr

R4 für MICE

Die 19 R4s wurden noch einmal gründlich überholt und stehen Interessierten in der Nähe von Dubrovnik für Incentive-Fahrten durch Konavle zur Verfügung. Branding kein Problem! Die Versicherungspolicen gelten auch für grenzüberschreitende Ausflüge. Info bei: Sabine, TerraNautika – terranautika.eu

Übrigens: Den letzten nach Deutschland importierten R4 soll 1988 Günther Jauch erstanden haben. Einen roten.

DubrovnikII

“Wer das Paradies auf Erden sucht, sollte nach Dubrovnik kommen“ schwärmte George Bernard Shaw. Wer gerne Austern isst, findet hier die beste Qualität und wer geschäftlich herkommt, exzellente Hotels mit Tagungskapazitäten.

www.kroatien.hr

Fotos: Kroatische Zentrale für Tourismus, Christina Feyerke