Jordanien: Die sieben Säulen der Weisheit

24.08.2013

“Aber die Weisheit von oben ist erstens rein, dann friedfertig, bereit nachzugeben, voller Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch und ohne Heuchelei.”

Langsam und bedächtig rollen die Jeeps Flanke an Flanke über den kompakten Grund eines ausgetrockneten Sees. Nur keinen Staub aufwirbeln. Das warme Licht der untergehenden Sonne lässt die bizarren Felsformationen Jahrtausende alten Sandgesteins erglühen. Da erscheint ein dunkler Punkt in der Ferne. Er hat vier Beine. Merkwürdige Kamelarten gibt es hier! So flach und so breit… Noch ein Stückchen näher und endlich enträtselt das Auge das unbekannte Objekt.

Pianist in Wadi Rum.

Pianist in Wadi Rum.

Lawrence of Arabia’s Battle Field

Imposant in die Einsamkeit der Wüste von Wadi Rum platziert ist ein blankpolierter schwarzer Konzertflügel. Es ist kühl hier. Der Pianist hat sich seine klammen Finger schon warm gespielt. Die Autoflotte hält an, Türen öffnen sich, Menschen schälen sich aus Sitzen und spitzen angestrengt die Ohren: In die Stille hinein erklingt in einem fast surrealen Moment als Krönung einer perfekten Inszenierung die Titelmelodie des Kinoklassikers ‘Lawrence of Arabia’. Die sich allseits kräuselnde Gänsehaut ist sicher nicht der Außentemperatur geschuldet!

In der dramatischen Kulisse des Wadi Rum wurde das Filmepos unter der Regie von David Lean 1962 mit Hauptdarsteller Peter O’Toole gedreht. Über 50 Jahre ist das her. Die Handlung basiert auf dem autobiografischen Kriegsbericht ‘Die sieben Säulen der Weisheit’ von T.E. Lawrence. Wadi Rum war tatsächlich der Schauplatz der Revolte der Araber gegen die Ottomanen während des I. Weltkriegs, der britische Geheimdienstler und Arabien-Kenner Lawrence einer der Protagonisten. Sein Leben hat er nicht im Gefecht verloren, sondern im Alter von 46 Jahren nach einem Verkehrsunfall in seiner Heimat.

Tipp: Wadi Rum ist ein idealer Programmpunkt für Gruppen – auch ohne Piano. Mit etwas Zeit lässt sich eine Übernachtung in einem Wüstencamp (mit komfortablen Betten!) integrieren. Teilnehmer können sich an butterzarten, im Sand gegarten Gerichten laben und der Faszination des Sternenhimmels erliegen. Warme Kleidung mitbringen! Beste Ausgangsbasis auch für Petra (s.u.) ist Aqaba am Roten Meer (gut zweistündige Fahrt).

Baptism Site: Jesus, Moses und die Nabatäer

Unter den ins Haschemitische Königreich Jordanien Reisenden werden sich jene freuen, die als Kind im Religionsunterricht gut aufgepasst haben. Die Hauptfiguren der Biblischen Geschichte sind omnipräsent, ihre Aura begleitet Besucher auf Schritt und Tritt. Unweit der oberen Spitze des Toten Meeres etwa eine Autostunde von Amman entfernt liegt die ‘Baptism Site’: die Taufstätte, an der einst Jesus von Johannes dem Täufer getauft worden sein soll und die Ziel Taufwilliger, abertausender Pilger und der Päpste aus Rom ist. Benedikt XVI kam 2009. Der charismatische Johannes Paul II. lockte im Jahr 2000 mehr als 20.000 Gläubige verschiedener Kongregationen an den mäandernden Jordan. Davon spricht man hier heute noch! Breit ist der Fluss nicht! Das gegenüberliegende Ufer im Westen (West Bank) ist Ausland und Krisengebiet und dort postierte Wachen sorgen dafür, dass niemand übermütig wird. Ganz in der Nähe der Berg Nebo: Es hießt, Gott habe Moses vom Gipfel aus ins Gelobte Land schauen lassen. Betreten durfte es Moses, dessen Grab sich hier befinden soll, nicht.

Petra – Neues Weltwunder auf 1.000 Metern

The Treasury of Petra

The Treasury of Petra

2000 Jahre ist Petra alt – doch immer noch betörend schön. Nicht makellos, dazu ist der Sandstein, in den die berühmten Grabmale gehauen sind, zu weich. Die Nabatäer lebten in den Höhlen zwischen den 90 Meter hohen Felsschluchten in relativer Sicherheit, klügelten ein hochraffiniertes Bewässerungssystem aus und kontrollierten diesen wichtigen Knotenpunkt der Weihrauchstraße lange Zeit. Es wird vermutet, dass die Höhlen im ‘Erdgeschoss’ als Lagerhallen an Kaufleute vorbeiziehender Karawanen vermietet wurden, die für ihre Reise nicht benötigte Waren auf dem Rückweg wieder aufsattelten.

Johann Ludwig Burckhart, ein gewiefter Schweizer, entdeckte Petra, die rosarote Stadt 1812 – und erweckte sie aus einem tausendjährigen Dornröschenschlaf. 2012 gab es zahlreiche lokale Festlichkeiten, anlässlich derer die Wiedergeburt des heutigen UNESCO Weltkulturerbes vor 200 Jahren gebührlich gefeiert wurde. Petra gilt als eines der Sieben Neuen Weltwunder, in dem auch Steven Spielberg’s abenteuerlicher Animationsstreifen ‘Tim und Struppi’ spielt.

‘Siq’ bezeichnet den Pfad, der sich vom offiziellen Eingang mit Mövenpick-Hotel durch einen schmalen schroffen Canyon zu ‘The Treasury’ (Schatzkammer) schlängelt. Sollte das zu beschwerlich sein: Das Eintrittsticket enthält einen (holprigen) Hin- oder Rückritt direkt auf Pferderücken oder in kleinen Kutschen. Nichts für Pingelige allerdings sind die Hygienestandards von Ross, Reiter und Kaleschen. Aber sie sind wunderbar anzuschauen, die Menschen besonders charmant und überaus höflich! Als Nachfahren jener verbliebenen Bewohner Petras, die in den 1980er Jahren von der Regierung in ein nahe gelegenes Dorf umgesiedelt worden sind, besitzen sie innerhalb des geschützten Areals als Einzige eine Gewerbelizenz.

The Traders of Petra

The Traders of Petra

Tipp: In ‘Little Petra’ in kurzer Entfernung darf man es krachen lassen: Hier sind sogar Feuerwerke als Highlights von Veranstaltungen erlaubt.

Mehr zur Destination: www.karmahousejordan.com www.visitjordan.com

Fotos: Christina Feyerke

Erstmals veröffentlicht 2012. Aktualisiert 2013.